Halli hallo ihr Lieben 🙋♀️
Jetzt wisst ihr es oder ahnt es vom Titel her. 😁 Mein Papa ist nach Sarria gekommen um mit mir die letzten 100km zu laufen 🎉😍💖🏃♀️🏃♂️
Ich freu mich total, denn das ist einmalig. Das hatten wir noch nie. Ich hoffe, dass wir eine tolle Zeit zusammen haben trotz des Regens, der meint genau jetzt kommen zu müssen. 🙄😱 Die ganzen nächsten Tage ist Regen angesagt. Ei ei ei. Das wird lustig…
Und mir ist kalt so kalt und das in Spanien. 12°C die spinnen doch. 😢 da muss ich ja schon fast nur noch Tee trinken und Suppe essen. Vorgestern gab es zur Feier des Tages einen Schluck von Miguels Maronenschnaps, das hat einmal richtig durchgewärmt. Heißt das jetzt immer Schnaps sobald ich friere? 😜
Nun da dieser Anreisetag von Papa schon stand, habe ich mir viel Zeit auf den letzten Kilometern gelassen. Dann erzähle ich euch mal 😊
Tag 70 (Pradela-La Faba) 08.10.
Der Tag Familie Lamas Lama zu verlassen war gekommen, ich fühlte es. Ich hatte dieses Kribbeln weiter zu ziehen, diese ziehende Unruhe.
Weil es langsam kälter wird, nahm ich noch eine selbstgestrickte, lachsfarbene 😱 Mütze von Anas Mama mit und machte mich nach einem gemeinsamen Foto mit Ana, Miguel und Chris allein auf den Weg.
Meinen kleinen Waldgeist hatte ich im Gepäck, aber irgendwie fühlte es sich nicht richtig an ihn mitzunehmen und als ich an einem großen Stein vorbeikam, baute ich ihm einen Tempel und ließ ihn dort, wo er Energie hat und besonders ist. Denn der Camino würde ihn wohl bald zerstören.
Nach Pradela folgte ein ziemlich steiler Abstieg, der mit Maronenbäumen gesäumt war, die ich zum Essen sammelte und somit war ich langsam. Chris holte mich ein und wir liefen ein paar Tage gemeinsam.
In einem Dorf holten wir uns Vorräte für unterwegs und machten auf einer kleinen Brücke ein Picknick. Richtig nett mit Socken und Schuhe aus und baumelnden Beinen, erzählten wir uns gegenseitig ein bißchen vom Leben, während der kleine Bach unter uns dahin plätscherte. Nach langer Zeit alleine laufen, war das mal wieder eine schöne Abwechslung. 👍
Es war ein sehr hübscher Weg. Mit einem weiteren kurzen Stopp an einer einladenden Stelle in Las Herrerias direkt am Fluss, wo wir noch etwas Walnüsse sammelten. Aber auch wenn der Ort recht nett war, lockte doch der Weg weiter zu gehen, denn in La Faba wusste ich über Victoria (meine Ukulelen-Bandkollegin), dass dort eine schöne Herberge sein soll in der Maren, die ich in San Anton kennengelernt habe, als Volunteer gearbeitet hatte.
Das letzte Stück vorher ging es nochmal gut steil aufwärts und durch den kurzen Nieselregen dort, war alles voller Mücken. Seeehr unangenehm.
Die nette Herberge in La Faba war schon voll, da sie nur 8 Betten fasst, und somit beschloss ich eine Nacht in der Municipal dort zu schlafen und am nächsten Tag nur die Herberge zu wechseln.
Die Herberge bei der Kirche dort ist sehr schön und nach meiner Waschroutine, gab es abends Toast Hawaii mit Chris und Maria, Minztee aus gesammelter Minze und leckere Maronen aus der Mikrowelle.
Tag 71 (La Faba) 09.10.
Juhu, Rucksack packen und in der nächsten Herberge gleich wieder auspacken. So war der Plan. Tatsächlich mussten Chris (der auch bleiben wollte) und ich noch bis mittags rumtrödeln, Kaffeetrinken, Gitarre und Ukulele spielen und leckeres Essen futtern. Welch Qual. 😂
Die Herberge selbst war bezaubernd schön eingerichtet, 2 hängende Betten (natürlich wählte ich eines davon) und ein Bad auf Stelzen. Draußen waren Hängesitze.
Das (Abend-)Essen selbst war großartig, es gab handgemachten Schmuck und ich sah Maren wieder, aber ich wurde irgendwie nicht richtig warm mit dem Ort. Das Dorf an sich war hübsch.
Abends gab es auch Feuer, aber ich zog mich recht schnell zurück und machte es mir im Bett gemütlich.
Tag 72 (La Faba-O Cebreiro) 10.10.
Ich hab ganz vergessen den reisenden Alkoholiker zu erwähnen. 🙄 Ich habe ihm (er im Vollsuff) versucht Ukulele beizubringen, nachdem er sich meine Uku geschnappt hat und sie komplett verstimmte beim Stimmen. Aber komplett, so dass ich dazwischen gehen musste aus Angst um die Saiten. 😅
Ja eben dieser hat sooo extrem geschnarcht, dass es kaum zu ertragen war. Gegen 2 Uhr hab ich das letzte Mal aufs Handy geschaut. Als ich um 4Uhr von einem extremen Jucken aufwachte schwahnte mir Schreckliches.
Morgens hatte ich die Bestätigung: Bettwanzen!!! 🕷🕷🕷 Und es ist leider nicht das erste Mal, dass sie mich erwischt haben. Manch anderen erwischen sie nie, mein Pech. 😢 Im Schlafsack fand ich eine. 🕷 Da muss nur vorher einer mit welchen in dem Bett geschlafen haben.
Ich war geknickt. 🙈 Lust zum Laufen hatte ich nicht. Ich wollte aber auch nicht bleiben. Also ging es nur nach O Cebreiro, stets kratzend, überall fing es gefühlt an zu jucken. Der Weg? – hügelig, aber ehrlich gesagt erinnere ich mich nur wenig.
In der Municipal Herberge im nächsten Ort wurden Chris und ich äußerst unfreundlich begrüßt, da wir nicht weit gegangen sind. Nachdem ich der englisch-verweigernden Dame mein Problem mit den Bettwanzen erläutert habe, half sie mir aber sofort ganz lieb, gab mir ein Handtuch und half mir all meinen waschbaren Besitz in die Waschmaschine zu befördern. Später kam alles in den Trockner, da das Ungetier bei Hitze stirbt. Mein restliches Zeug wurde in schwarze Mülltüten gepackt, in die wir Gift sprühten und dann in die Sonne gestellt, dass es durchheizt. 😪
Da stand ich nun in der Dusche ohne Türen, wie bei der Armee nur ohne Sachen, ohne meine Seife, da sie im schwarzen Giftsack war. Wie ein Schluck Wasser im Wasser, pumpte mir nackt am Waschbecken Handseife in die Hände und drehte das Wasser so heiß wie es ging. Meine Haut brannte, aber ich fühlte mich nur so sauber. 🛁
Dann kam die Dame wieder, stellte sich vor mich (während ich noch duschte) erzählte mir was auf Spanisch und legte mir Leihkleidung hin. Eine andere Peregrina schenkte mir eine Tube Fenistil. Und gab mir einen Fön, denn es war kalt und ich hatte nur ein Tshirt bekommen. Sie meinte ich solle mich warmfönen, so lieb. Ich lief dann noch bissl durchs Haus und stellte fest, dass es in der Sonne am wärmsten war.
Später erkundete ich, als meine Sachen fertig gewaschen waren, mit Chris das kleine Dorf, dass wie eine Kulisse für Touristen wirkte. Ein Souvenirladen, Cafès, Restaurants und Herbergen. Doch keine Bewohner. 🙄
Am Abend durchsuchte ich noch meinen Rucksack komplett. Und trank fast ne ganze Flasche Wein zum Abendbrot. Als ich betrunken beobachete wie das Restlicht verschwand und die Sterne erschienen, setzte sich ein seltsamer junger Mann neben mich und fragte mich, ob ich an Aliens glaube. Ich war selbst eines! 🤣😋
Tag 73 (O Cebreiro-Triacastela) 11.10.
Über Nacht musste mein Rucksack im Vorraum bleiben, da er so nach Gift stank. Es machte mir Kopfweh.
Die Nacht war wieder schlimm. Diesmal kalt und nass. Ein großer Saal mit vielen Betten. Jeder knisterte im Schlafsack vor sich hin. Und ich musste zweimal pieseln. Schrecklich.
Morgens packte ich gerädert meinen Rucksack, der zum Glück gut ausgelüftet war. Und nein das kam nicht vom Kater. 😜
Chris hatte Instantkaffee, ich hatte 500ml Milch und die Herberge hatte eine riesige Küche. Da sollte doch ein Kaffee möglich sein. Ha! Alles was es dort an Austattung gab, waren ein Topf und eine Pfanne. Keine Teller, keine Tassen, kein Besteck. 😱 Kein Kaffee für Susan, das konnte nicht wahr sein 😱 Oh mann. Als Ersatz gab es Leche💪!
Ich brauch halt bis heute mein Milchfläschchen am Morgen. 😂👶 Lacht nicht. 😝
Nach dem Kaffee im Café liefen wir los. In einem kleinen Waldstück hinter dem Ort entdeckte ich wieder einen wurzligen Waldgeist. Diesmal aber von imenser Größe. 🌲🌲🌲
Es war ein wechselhaft schöner Weg mit Straßenstrecken und verlassenen Dörfern. Nach einer kurzen Rast entschied ich mich auf einem grünen Hang etwas sitzen zu bleiben und Ukulele zu spielen. Chris beschloss weiter zu gehen. Und ich spielte mit dem Wind eine Melodie.
Als ich alleine weiterging war mein Kopf voller Gedanken. Gedanken über die Zukunft, über die Vergangenheit. Aber ich empfand keinen Stress.
Chris sah ich in einem der nächsten Dörfer wieder, er diskutierte mit einer Frau, ich hatte keine Lust auf streitende Menschen 😂 und so huschte ich mit einem fröhlichen „Buen Camino“ vorbei.
Unterwegs sah ich die ersten Fliegenpilze meines Lebens 😍 Sie waren so schön. Ich habe in Bayern von der Tradition gehört, sie zu zertreten, wenn man welche sieht, um nachfolgende Wanderer vom Verzehr abzuhalten. Das sei der Grund warum man sie kaum noch sieht. Eine Schande.
Der Weg kurz vor Triacastela war wie durch einen Pflanzentunnel. Überragende Bäume, Efeu und andere Büsche wuchsen so hoch und dazwischen der Camino. 😍 Am Ortseingang war ein wunderschöner alter verwachsener Kastanienbaum. Seine Äste ragten so hoch und seine Krone war so gewaltig, dass ich es obwohl ich gerne hätte, nicht mit der Handykamera einfangen konnte.
Triacastela war schlicht und einfach langweilig. Die „Innenstadt“/das „Innendorf“ bestand aus Herbergen und Pilgerrestaurants. Ich hatte aber eine sehr hübsche Herberge. Chris trudelte später ein, in seiner Herberge schenkte uns ein Italiener Unmengen an Restpasta, die er gekocht hatte. Sie war göttlich 😍
Abends lief ich mit Chris noch bissl durchs Dorf, wir holten Eis und quatschten.
Tag 74 (Triacastela-Alternative Wohngemeinschaft) 12.10.
Morgens wachte ich auf vom Krach meiner 3 spanischen Bettnachbarinnen, die unfassbar Lärm machten, ihre Riesenkoffer fertig zum Vorrausschicken packten, sich mit ihren Beautycase gefühlte Stunden zum Schminken im Bad verkrümmelten und dabei immer Türen knallten. Der Geruch von starkem Parfum war dann irgendwann das Ende meiner Geduldskette und ich schimpfte auf Deutsch und stand auf. Solche Luxuspilger.
Ich holte Chris von seiner Herberge ab und wir gingen was frühstücken. Danach trennten sich die Wege, denn es gab 2 Möglichkeiten. Ich wollte die Nordroute über San Xil laufen und Chris hatte sich auf der Südroute mit einer spanischen Flamme verabredet.
Der Weg war super schön, sehr ländlich durch winzige halbverlassene Dörfer bergauf bergab. Aber auch etwas Asphalt.
Ich kam an einer Donativo-Wohngemeinschaft an und betrat den Hof. Überall war Kunst, Sprüche, Installationen und Couchen. Die Leute dort waren irgendwie seltsam und gleichzeitig super lieb. 😍
Als ich ankam wurde ich umarmt und da ich die Kunst bewunderte gefragt, ob ich malen will. Und ich wollte. Ich bekam eine Schieferplatte und sollte mich bei den Farben einfach bedienen. Wuaaaah. Wo starten? Ich erinnerte mich an Mao und das Samenbeispiel und fing an einem Blumensamen zu zeichnen und ihn hinterher zu übermalen. Ich war im Flow.
Und das gab ich auch bei der Gruppenversammlung später an, die in dieser Gemeinschaft gegen Mittag stattfand,wo jeder sagen konnte, wie er sich fühlt und wo Arbeiten verteilt wurden. Ich half etwas im Garten mit.
Der Ort dort hatte ein Labyrinth im Garten. Nico fragte mich, wie ich das Labrinth im Garten erleben will, ob ich mich trauen würde, es mit verbundenen Augen zu versuchen. Und ich wollte. Paula, eine Irländerin schloss sich an und so liefen wir alle 3 blind. Das Verrückte daran war, dass ich es vorher nicht gesehen hatte. Ich wusste weder die Größe, noch die Form. Ob es aus Mauern bestand oder Pflanzen. Gar nichts. Ich hielt mich an Nicos Schultern fest und hinter mir tat es Paula und so liefen wir 30Minuten. Es war ein irres Gefühl sich mit den Füßen voran zu tasten, wenn man nicht weiß was kommt. Und ehrlich gesagt werde ich es euch nicht verraten, da eventuell auch mal jemand von euch da landet, man weiß ja nie.
Der Stein im Zentrum hatte unglaubliche Energie und als ich das gegenüber Nico erwähnte, gab er mir ein Medallion mit 2 Steinen zum Halten. So und nun wird es verrückt. Als ich den Stein im Zentrum des Labyrinthes berührte, fühlte sich die Energie beruhigend kühl und glatt an. Kaum berührte ich Nicos Steine fühlte ich einen Strudel an verschiedensten unruhigen Energien und ich glaub ja noch nichtmal an den Kram! Und auf Nachfrage bei Nico war er überrascht. Einer seiner Steine war ein Meteorit. Er versucht sie mit starken Energien zu füllen, bis sie zerspringen. Hab ich das gefühlt oder war das nur logisch reingedacht. „X-Factor“ auf dem Camino 😜
Abends gab es super leckeres Essen, wir machten Musik und ich schlief klasse in einem Bett im Haus, denn ich blieb einfach zu lange.
Tag 75 (Respira Y Disfruta-Sarria) 13.10.
Der Tag war gekommen und ich war so aufgeregt. Mein Papa reiste an für die letzten 100km. Aber als ich morgens aufwachte der Schock: Regen!!! Und nicht wenig 😪
Ich bekam leckeres Frühstück dort und half im Regen noch etwas abzuwaschen. Denn das Spülbecken war draußen. Also stand ich in meinem tollen Regen-(Zauberer)Umhang draußen und spülte was das Zeug hielt alles Geschirr, das die vorbeiziehenden Pilger zum Essen der Gaben vom Donativo-Tisch verwendeten.
Und dann lief ich los, denn ich musste nach Sarria und ich wollte da nicht so spät ankommen. Kurz nach dem Ort kam ein Hinweisschild für eine Herberge mit Kunstausstellung für Bilder, hergestellt aus zerstoßenen Steinen. Ich lief erst vorbei, überlegte es mir dann aber anders und ging dorthin um die Kunst zu sehen und bereute es nicht. Die Bilder waren bezaubernd schön und inspirierend. Ich hatte tiefsinnige Unterhaltungen dort und wäre sicher geblieben, wenn noch Zeit gewesen wäre.
Aber ich wollte und musste weiter und so kam ich irgendwann dann triefend nass in Sarria an. Denn es regnete durchweg.
Ich hatte dort ein Zweibett-Zimmer für 2 Nächte gebucht um erstmal mit Papa anzukommen. Es reichte die Zeit für eine kurze Dusche und dann eilte ich zum Bahnhof um Papa abzuholen. Sein Zug war aber ordentlich verspätet somit saß ich zusammen mit alten, kartenzockenden Spaniern in einer Bordsteinkneipe und trank ein Bier. 😋
Und dann war Papa da. Ich freute mich wie Schnitzel. Wir brachten sein Zeug in die Unterkunft und gingen etwas essen. Es regnete durchweg und war richtig kalt. Das kann ja noch was werden. Aber das Essen war super gut und viiiel. 😍🥗🍟🥓🥖🍖Das tröstet über den Regen hinweg und die spanische Kellnerin war auch richtig sympathisch.
Das Abenteuer der letzten 100km mit Papa kann beginnen. 🤩